Ankerlieger in der Salt Whistle Bay
Ein Blick auf die Seekarte und den Kalender offenbart: Wir müssen weiter! Es gibt noch soooo viel zu sehen, und Merle muss Anfang März wieder zurück in München sein. Also Anker auf und rüber nach Mayreau. Die Salt Whistle Bay im Nordwesten der Insel zählt zu den schönsten Buchten, die die Karibik hergibt; manche behaupten, es sei die schönste. Das wollen wir selbst beurteilen können. Es sind nur drei Seemeilen dorthin. Schon in der nördlichen Ausfahrt aus dem Horse Show Reef rollen wir die Segel aus und sind bei schönstem "Kaffeesegeln" nach weniger als einer Stunde drüben. Kaffeesegeln ist, wenn man dank mäßiger Windstärke schräg von hinten während der Fahrt Kaffee kochen und trinken kann, ohne dass irgendetwas umkippt. Das geht beim Segeln bei weitem nicht immer!
Von den Tobago Cays zur Salt Whistle Bay
Der Strand der Salt Whistle Bay
Als wir um die Ecke biegen, weitet sich erst die Bucht, dann das Auge und gleich darauf das Herz. Wirklich ein Inbegriff einer karibischen Ankerbucht! Selbstverständlich wissen das auch andere. Also ist die Bucht schon voll von geschätzt mehr als 20 Ankerliegern. Der erste Versuch, am Rande der vielen Yachten den Anker so auszubringen, dass wir beim Schwoien kein anderes Schiff berühren können, macht mich noch nicht glücklich. Zu eng der Abstand zu den Nachbarschiffen, zu weit der Weg zum Strand. Der Boat Boy, der seine Hilfe beim Ankern anbietet, zeigt auf einen anderen Platz, wo gerade eine Yacht weggefahren ist. Er verdient sich sein Trinkgeld, indem er uns mit seinem kleinen, bunten Motorbötchen im Slalom durch die Ankerlieger manövriert und die Stelle anweist, wo der Anker fallen soll. Ja, hast du gut gemacht, hier ein paar EC-Dollar...
Grillplätze und bunte Tücher im Wind
Wir werfen eines unserer beiden Stand Up Paddling Boards (SUP) ins Wasser und paddeln an den Strand, der sich im Halbrund um die Bucht zieht. Feinster Sand, seichte Wellen plätschern, Badende laben sich im lauwarmen Wasser. Unter den Palmen laden gemauerte Sitzgruppen mit Grill zum Verweilen ein. Dahinter gemauerte Hütten, entweder im Bau oder aber Weiterbau aufgegeben, schwer zu beurteilen. Ein paar Händlerinnen bieten an einer langen Leine aufgehängt bunte Tücher feil. Ein Idyll der Gelassenheit, hier hat man Zeit und lässt geschehen, was geschieht.
Danach führt ein Rundgang den Strand entlang an Bretterbuden mit Bars und Restaurants vorbei, alle liebevoll mit viel Farbe, Phantasie und lustigen Sprüchen herausgeputzt. Solider bauen lohnt sich nicht, im nächsten Hurricane fliegt sowieso wieder alles weg. Danach wird mit einfachen Mitteln innerhalb weniger Tage wieder aufgebaut, was der Sturm genommen hat.
Nachmittags am Strand lässt es sich gut chillen.
Locker verteilt wiegen sich Palmen sanft im Wind.
Der Blick nach oben zeigt, was der Begriff "lichte Weite" meint.
Eine Fahrspur parallel zum Strand führt in Richtung Buden mit Bars und Restaurants.
Eingang zu einer Bar mit Torbogen, direkt daneben spülen die Wellen sanft auf den Strand.
"Letzte Bar vor dem Dschungel"
Hier auf den kleinen Antillen geht morgens um sechs die Sonne auf und abends um sechs wieder unter. Die Dämmerung ist kurz. Wir sind müde und gehen nach einem selbst gekochten Abendessen früh in die Koje.
Ganz rechts am Bildrand Joli Ame, ganz links unser SUP, in der Mitte DIE schräge Palme für das Foto Shooting.
Merle hätte gern ein karibisches Foto Shooting mit Palme. Ich erkläre, dass Models immer sehr früh aufstehen müssen, denn Fotografen lieben das Licht am frühen Morgen. Außerdem ist dann der Strand noch menschenleer. Also gut, um kurz nach sechs paddeln wir zum Strand.
Früh am Morgen ist die Welt noch in Ordnung
Die Sonne steht noch tief, die Schatten sind lang. Die windschief gewachsenen Palmen beugen sich über den Strand. Der Passatwind weht schon ordentlich.
Irgendwann nach einer Million Fotos paddeln wir zurück an Bord. Nach dem Frühstück gehen wir Anker auf und nehmen Kurs auf die Nachbarinsel Canouan. Dort gibt es einen funkelnagelneuen Yachthafen. Die sind hier selten und uns einen Besuch wert. Gerade als wir die Salt Whistle Bay verlassen, läuft eine andere Yacht ein. Im Sprechfunk auf Kanal 16 hören wir den Skipper gedehnt: "Oh my god!" Offenbar ist auch er überwältigt vom ersten Anblick der Bucht.
Ankerplatz vor Canouan. Im Hinterground Mayreau, von wo wir gerade herkommen, und ganz weit hinten mit den hohen Bergen Union Island.
Als wir aus der Abdeckung der Salt Whistle Bay herauskommen, weht es ordentlich, und die Wellen mit weißen Schaumkronen sind nicht von schlechten Eltern. Die vier Seemeilen hinüber nach Canouan sind aber schnell erledigt, auch wenn wir am Wind segeln müssen. In der Seekarte steht zur dortigen Marina: "Works in progress (2017)". Soviel zur Aktualität der hiesigen Seekarten...
Rein in die Marina wollen wir erstmal nicht, könnte teuer werden. Außerdem bietet der Ankerplatz vor dem Strand einigermaßen Schutz.
Unsere Route von der Salt Whistle Bay nach Canouan
Leere Liegeplätze zuhauf
Nach der etwas feuchten Landung mit dem Schlauchboot in der Brandung machen wir uns auf den Weg Richtung Hafeneinfahrt. Das lang gestreckte Hafenbecken ist gähnend leer. Eine einzige Yacht macht gerade fest, merkwürdigerweise so, dass der kräftige Wind das Schiff an den Steg drückt. Ich hätte die andere Seite der Box genommen, aber jeder nach seiner Facon...
Zuerst wandern wir Richtung Hafeneinfahrt.
Eingang zur Bar
Die Hauptgebäude der Marina mit Hotel, Shops, Hafenmeisterei und Tankstelle liegen auf der anderen Seite der Einfahrt. Dort liegt auch eine Handvoll Megayachten. Hier auf der rechten Seite liegen nur ein paar Powerboote, es gibt wohl einen Shuttle Service per Motorboot zur hiesigen Strandbar, eine von der edleren Sorte. Alle Tische sind mit violetter Tischdecke und Stoffservietten eingedeckt, ein Indiz für gehobenes Preisniveau. Schöne Menschen in stylischem Outfit räkeln sich in der Sonne. Eine Speisekarte mit Preisen suchen wir vergeblich. Das ist nicht unsere Welt, jedenfalls was die Finanzkraft anbelangt. Wir machen uns auf den Weg um das Hafenbecken herum, um die Ortschaft hinter der Marina zu erkunden.
Auf dem Weg dorthin wird klar, was die Intention dieser Hafeninvestition ist: Direkt nebenan liegt der Inselflughafen, auf dem gerade ein Learjet landet. Die Reichen und Schönen dieser Welt können hier per Privatjet einfliegen und nach wenigen Minuten mit dem Golfcart an Bord der Superyacht gehen. Allerdings ist der Lärm der Maschinen auch im Stand nicht von schlechten Eltern. Die Abgaswolke wird glücklicherweise von uns weg geweht.
Am Ende des leeren Hafenbeckens. Im Hintergrund mittig der Tower des benachbarten Flugplatzes.
Nach gut einem Kilometer am Hafenbecken entlang erreichen wir endlich das Ende und gelangen auf die andere Seite. Die Sonne knallt, der einzige Schatten ist unser eigener. Wir wollen in Richtung der nahegelegenen Ortschaft. Dazu müssen wir erst einen Hügel hinauf. Schweißnass oben angekommen, können wir endlich die Häuser des Dorfes sehen. Mann, das ist aber noch weit! "Nee, du..." Wir geben auf und machen uns auf den Rückweg.
Immerhin haben wir vom Hügel einen schönen Panoramablick über die ganze Hafenanlage.
Was es noch zu erkunden gäbe, zeigt uns dieser Wegweiser. Angesichts der Entfernungen lehnen wir dankend ab.
Unser Dinghi am Strand von Canouan, im Hintergrund die Hauptgebäude des Yachthafens.
Unser Schlauchboot liegt in der gleißenden Mittagssonne noch da. Schuhe aus, der Start wird nass! In den wenn auch mäßigen Brandungswellen vom Strand wegzukommen, ist immer ein gewagtes Unterfangen, insbesondere wenn es gleich tief wird. Salzwasser in der kurzen Hose ist dann vorprogrammiert. Wir kommen glimpflich davon, gehen Anker auf und rollen die Segel aus. An der Ecke hinter dem kleinen Berg (siehe Foto) haben wir Mühe, aus dem Windschatten des Hügels herauszukommen, aber auch das ist irgendwann geschafft. Auf geht's Richtung Bequia!
20 Seemeilen weit geht es wieder hoch am Wind und schräg gegen die Welle, die in der Passage zwischen den Inseln vom Atlantik hereinkommt. Den direkten Kurs nach Nordnordost können wir nicht halten, wir können nur Nordnordwest anliegen. Nach einer Wende querab unseres Zieles erkennen wir, dass wir direkt gegen den Wind nur äußerst mühsam aufkreuzen können. Also Maschine an, Segel weg und auf direktem Weg in die Admiralty Bay. Die Bucht ist voll von Booten. Wir steuern dorthin, wo am wenigsten AIS-Signale auf dem Plotter zu sehen sind, also eher rechts. Das bedeutet zwar einen längeren Weg mit dem Schlauchboot zum Ort, aber egal jetzt, die Sonne ist bereits untergegangen, im letzten Tageslicht fällt der Anker.
Unsere Route von Canouan nach Bequia